Aktion Trassen-Kids

Eine stillgelegte Bahntrasse, zwischen Fahrradweg und aktiver Güterzugstrecke – diesen Ort hat eine junge Katzenmama gewählt, um ihren Nachwuchs zur Welt zu bringen. Vermutlich nicht freiwillig. Und dann hat auch noch der Mensch eingegriffen, um zu helfen – und hat alles noch schlimmer gemacht.

Ende August meldete sich eine Kollegin aus dem Tierschutz bei uns. Eine Frau habe noch ganz junge Kitten hinter einem Gebüsch neben der stillgelegten Bahntrasse in Suderwich gefunden und ins Tierheim Castrop-Rauxel gebracht – oder unserer Meinung nach besser gesagt: verschleppt. Jedenfalls brauche sie nun Hilfe. Denn die Mutter sowie ein paar ihrer Kids seien immer noch dort draußen. Bei einer gemeinsamen Ortsbegehung zeigte sich dann auch: Katzenjunge, die nicht einmal einen Monat alt sind, ihrer Mutter zu entreißen, ist eine ganz schlechte Idee!

Vertrauensarbeit in Suderwich

Nuk und Mett der Igel an der Futterstelle in Suderwich.
Nuk an der Futterstelle.

Die Katzenmama hat ihre Neugeborenen offensichtlich bereits an einen anderen, sichereren Ort gebracht. Da die Fläche hinter dem Gebüsch, wo die ‚Kindesentführung‘ stattgefunden hat, jedoch unser einziger Anhaltspunkt ist betreuen wir hier nun eine Futterstelle. Und Tatsache: Die Mutter, die wir Nuk getauft haben, kommt regelmäßig zum Fressen. Sie wartet sogar schon auf uns. Von ihren Kindern fehlt aber noch jede Spur. Doch wo die Mama ist, können die Kids nicht weit sein.

Wir werden also weiterhin das Vertrauen von Nuk gewinnen müssen, in der Hoffnung, dass sie irgenwann doch noch ihre Trassen-Kids zur Futterstelle führt. Erst dann können wir versuchen, sie und ihre Rasselbande einzufangen.


UPDATE #1 Gestern Abend ist etwas Erstaunliches passiert: Nuk hat uns bereitwillig zu ihrem Nachwuchs geführt. Es war so, als wolle sie uns unbedingt zeigen, wo sie ihre Kids versteckt hat. Sie lief voran, wir folgten ihr. Immer, wenn der Abstand zwischen Nuk und uns größer wurde, setzte sie sich. Wenn wir warteten, wartete sie auch, bis wir uns wieder in Bewegung setzten. An einer Stelle auf der alten Trasse in Suderwich blieb sie plötzlich einfach sitzen und wartete geduldig, bis wir näher kamen. Und da war es: Ein kleines schwarzes Kitten mitten im Gestrüp aus Sträuchern und stachelbewehrten Brombeeren. Dieses Vertrauen von Nuk – es war einfach nur herzzerreißend.

Herzzerreißend war auch das Ergebnis, allerdings der traurigen Art. Offensichtlich ist das kleine Wesen, das wir gesehen haben, das einzige, das noch von den Trassenkids übrig ist. Wir haben nun die Futterstelle näher an das Kitten verlegt und überwachen sie mit einer Wildtierkamera. Sollten noch Geschwister von Nacho, so nun der Name des kleinen Kerls oder Mädchens, da sein, werden sie sich hoffentlich bald zeigen.

UPDATE #2 Was Nuk bewogen hat, ihre Kids hier auf der Trasse zur Welt zu bringen, wissen wir natürlich nicht. Auch wenn sie recht scheu reagiert, scheint sie doch den Umgang mit Menschen gewöhnt zu sein. Vielleicht stammt sie von einem der Höfe in der Nähe der Bahntrasse.

Jedenfalls hat sich gezeigt, dass ihr/e kleine/r Nacho tatsächlich allein mit Mama da draußen ist. So wird nun aus der Aktion ‚Trassen-Kids‘ die Aktion ‚Trassen-Kid‘. Und die muss zeitnah über die Bühne gehen. Denn es wird ja nicht gerade wärmer hier draußen. Der Plan steht: Wir füttern bereits über die Fangboxen an. Dann werden wir erst versuchen, Nacho in die Fangbox zu locken, und im Anschluss auch die Mama in die Falle zu bekommen.

Nacho vor der Falle in Suderwich Nacho inspiziert die Fangbox.

UPDATE #3 Die erste Falle hat zugeschnappt. Aber anders als erhofft. Es ist natürlich Nuk, die als erste in die Fangbox gestiefelt ist. Wir haben uns aber dazu entschlossen, sie nicht wieder laufen zu lassen. Wir hoffen, ihr/e kleine/r Nacho lässt sich nicht zuviel Zeit, um ebenfalls in die Fangbox zu tappen. Denn nun ist Nacho erst einmal da draußen ohne Mama und ganz auf sich gestellt. Kein schöner Gedanke. Jedoch war uns die Gefahr zu groß, dass Nuk, hätten wir sie wieder freigelassen, uns nie wieder in die Fangbox gegangen wäre.

UPDATE #4 Geschafft! Nun haben wir endlich auch Nacho – nach über 30 Stunden. Der oder die kleine Teufel/in hat sich aber auch wirklich Zeit gelassen. Aber irgendwann hat er oder sie dem Hunger dann doch nachgegeben und konnte dem verlockendem Duft aus der Fangbox nicht mehr widerstehen.

UPDATE #5 Jetzt wird Nacho, die übrigens eine Sie ist, durchgecheckt, gegen Parasiten behandelt und kommt auf eine Pflegestelle. Wir hoffen, dass sie schnell ein neues Zuhause findet, wo sie gut versorgt wird. Für seine Mama wissen wir noch nicht, wo die Reise hingeht. Auf jeden Fall erst einmal zur Kastration zum Tierarzt. Im Anschluss muss uns Nuk selbst zeigen, ob sie auch in ein neues Zuhause bei Menschen oder doch lieber wieder zurück in die absolute Freiheit möchte.

Die Aktion ‚Trassen-Kids‘ in Suderwich ist damit jedenfalls erfolgreich abgeschlossen.

Mama und Tochter auf der Pflegestelle in Suderwich Nacho (l.) und ihre Mama Nuk (r.)