Nuk
| Einfanggrund: Kastration
| Rasse: EKH
| Geschlecht: weiblich
| Geburtsdatum: ca. 2017
| Farbe/Zeichnung: schwarz
| Kastriert: ja
» Nuk ist nicht nur ein gutes Beispiel dafür, warum streunende Katzen rechtzeitig zur Kastration sollten. Sie ist auch eine ganz besondere Streunerin für uns. Mit ihr und ihrer Tochter Nacho fiel 2019 der Startschuss für unsere kleine Privatinitiative. Bereits mit dem Gedanken schwanger, mit der Streunerseelen – stray souls foundation unser eigenes Tierschutzprojekt ins Leben zu rufen, begegnete uns bei einem Spaziergang Nuk. Und der geübte Katzenkennerblick verriet uns direkt: Auch sie muss bis vor kurzem noch schwanger gewesen sein – und zwar nicht einfach nur mit einem bloßen Gedanken. Genauso schnell wie Nuk unseren Weg kreuzte, verschwand sie auch wieder. Zu flink war die schwarze Lady unterwegs, als das wir hätten lokalisieren können, wohin sie wieder abtauchte. Aber unsere Wege sollten sich bald schon erneut kreuzen.
‚Geburtshilfe‘ für die Streunerseelen
Wenige Tage nach unserer ersten Begegnung mit Nuk meldete sich eine Kollegin aus dem Tierschutz bei uns. Eine Anrainerin einer stillgelegten Bahntrasse in Suderwich, in deren Nähe wir Nuk angetroffen hatten, habe noch ganz junge Kitten hinter einem Gebüsch neben der Trasse gefunden und ins Tierheim gebracht. Sie brauche nun Hilfe. Denn die Mutter sowie ein paar ihrer Kids seien immer noch dort draußen. Die Mutter müsse zur Kastration, die Kitten in eine warme Obhut. Wir waren alarmiert! Und mit der Aktion Trassen-Kids nahm die Streunerseelen – stray souls foundation schneller Fahrt auf, als wir es ursprünglich geplant hatten.
Aber zurück zu Nuk und ihrem Nachwuchs. Dass es eine ganz schlechte Idee ist, Katzenjunge, die nicht einmal einen Monat alt sind, ihrer Mutter zu entreißen, sollte sich einmal mehr bewahrheiten. Nuk, die damals eigentlich noch gar keinen Namen hatte, war mitsamt ihrem restlichen Nachwuchs bereits ausgeflogen. Es ist nicht ungewöhnlich, dass nach einem solch schweren Eingriff eine Katzenmama ihre Neugeborenen an einen anderen, sichereren Ort bringt. Gleichzeitig war die Fläche hinter dem Gebüsch, wo die ‚Kindesentführung‘ stattgefunden hatte, unser einziger Anhaltspunkt. Die Mama musste doch noch irgendwo in der Nähe sein. Und wo sie ist, sind auch ihre Kids nicht weit.
Wir übernahmen also die Futterstelle, die die Trassen-Nachbarin bereits eingerichtet hatte. Fortan waren wir jeden Abend vor Ort und stellten Futter bereit. Und an jedem darauffolgenden Abend waren die Futternäpfe wieder leer. Doch von der Gesuchten fehlte immer noch jede Spur. Unsere Beharrlichkeit sollte sich aber auszahlen. Als wir angefangen haben, die Futterstelle mit einer Wildtierkamera zu überwachen, zeigte sich neben einem Igel (denn wir Mett tauften) irgendwann auch Nuk an den Näpfen. Allein, ohne Nachwuchs.
Eine Frage des Vertrauens
Hatte die Mami ihre Kids bloß weggebracht? Oder sind sie vielleicht schon gar nicht mehr am leben? Auffällig war jedoch, dass Nuk sehr viel Futter vertilgte. Eigentlich viel zu viel für ein so schlankes Mädchen. Frisst sie vielleicht so viel, um das Futter an einem anderen Ort für ihre Kinder wieder hochzuwürgen? Hoffnung keimte auf. Aber wenn dem so ist, wo sind dann die Kids? Die Suche nach der sprichwörtlichen Nadel im Heuhaufen blieb ergebnislos. Wir mussten uns also ganz auf die Mami verlassen. Sie musste uns verraten, wo sie ihren Nachwuchs untergebracht hatte. Und wir waren damit bereits auf einem guten Weg.
Das Vertrauen der schwarzen Streunerin in uns wuchs. Mittlerweile zeigte sie sich uns – persönlich, nicht nur vor der Kameralinse. Und wenn wir auch nur fünf Minuten später als üblich zum Befüllen der Näpfe kamen, wartete sie bereits versteckt in den Gräsern und Gebüschen neben der Trasse. Und eines Abends, wir waren wieder etwas später dran als sonst, guckte ein schwarzes Köpfchen plötzlich hinter der sichtgeschützten Futterstelle vor, um danach wieder abzutauchen. Als wollte sie uns sagen: „Gut, dass ihr endlich da seid. Ich habe schon gewartet.“ Hätte das Auf- und Abtauchen des Köpfchens ein Geräusch gemacht, es hätte sich sicherlich wie NUK angehört.
Ein Name, kein Nachwuchs
Jetzt hieß Nuk also Nuk. Doch in Sachen Nachwuchs fehlte immer noch jedes Lebenszeichen. Bis eines Abends. Nuk wartete wieder bereits in der Nähe der Futterstelle. Dieses Mal verließ sie jedoch ihre Deckung und ging entlang der alten Bahntrasse in die entgegengesetzte Richtung. Vorsichtig folgten wir ihr. Zu vorsichtig. Denn immer, wenn der Abstand zwischen Nuk und uns größer wurde, setzte sie sich. Wenn wir warteten, wartete sie auch, bis wir uns wieder in Bewegung setzten. Es schien so, als wolle sie uns irgendwohin führen, uns etwas zeigen. Bis sie nach etwa 200 Metern vor einigen Sträuchern am Trassenrand stehen blieb. Und in diesen Sträuchern war es, ein kleines, schwarzes Katzenbaby. Allerdings war es nur eines.
Die Fangaktion
Auch als wir die Futterstelle an den neuen Ort verlegten und mit der Wildtierkamera beobachteten, ließ sich nur das eine Kitten blicken. Nach einige Tagen stand der Plan fest: Wir versuchen nun zuerst das Kitten, das wir Nacho tauften, zu sichern, um im nächsten Schritt auch die Mami zu bekommen. Schließlich sollte sie ja auch noch zur Kastration. Aber erstens kommt es anders und zweitens als man denkt. Es war Nuk, die uns als erste in die Fangbox ging.
Was sollten wir tun? Die Mama wieder freilassen und mit hoher Wahrscheinlichkeit riskieren, dass sie uns nicht noch einmal in die Falle geht? Oder dem letzten Kitten die Mama wegnehmen? Wir entschieden uns für letzteres. Nacho war mittlerweile über zwei Monate alt. Er oder sie würde es auch einige Stunden lang ohne Mutter schaffen. Für uns stand damit jedoch fest: Wir müssen ihn oder sie noch diese Nacht bekommen. Und es wurde eine verdammt lange Nacht. Aber dies ist die Geschichte von Nacho.
Jedenfalls nachdem wir auch Nacho hatten – und eindeutig feststellen konnten, dass es sich um ein Mädchen handelt –, sollte Nuk eigentlich noch etwas Zeit mit ihrer Tochter verbringen. Aber die schwarze Lady zeigte nur wenig Interesse an ihrem Sprössling. Sie war wohl fertig mit dem Mama-Dasein. Vielleicht hatte sie uns auch deshalb verraten, wo sich ihr Töchterchen versteckt gehalten hatte. Daher trennten sich nun auch ihre Wege. Für Nacho ging es in Richtung eines neuen Zuhauses, für Nuk zur Kastration – auch wenn sie ihren Job als Mutter verdammt gut erledigt hatte.
Nuks neues Leben nach der Kastration
Nuk ist ein Freigeist, auch wenn sie wahrscheinlich mal ein Zuhause hatte. Vielleicht als Mäusefängerin auf einem der Höfe in der Nähe ihres Fundortes. Jedenfalls zeigte sie nicht viel Interesse daran, mit Menschen zu agieren. Anderseits hatte sie wohl auch keinen Kontakt zu den anderen Streunern in der Umgebung – zum Beispiel zu ‚unseren‘ Waldkatzen. Ganz allein und auf sich gestellt, wollten wir Nuk auch nicht wieder zurücklassen. Doch für sie hat sich ein ideales neues Zuhause gefunden – ein Zuhause zwar bei Menschen, aber eines, das sie nach Belieben betreten und verlassen kann.
Unsere Herzen wird Nuk indes nie wieder verlassen. Dafür hat sie darin viel zu große Pfotenspuren hinterlassen. Und jedes Mal, wenn wir mit unserer Geduld am Ende sind und uns selbst fragen, warum wir uns die ganze Mühe mit den Streunern aufhalsen, denken wir an Nuk und das Vertrauen, das uns die kleine Maus geschenkt hat. Und dann wissen wir wieder ganz genau, warum wir tun, was wir tun.